Winter auf der Insel. Die Straßen sind leer. Der Strand auch. Das Meer rauscht laut – aber sonst: Ruhe. Die Restaurants sprechen sich ab, damit zumindest eins aufhat, um die wenigen Urlauber zu versorgen. Die Stammgäste kennen das. Anders als im Sommer schließt der örtliche Supermarkt Samstag um 12 Uhr und öffnet am Montag um 8 Uhr wieder. Gäste, die neu hinzukommen, sind manchmal sehr überrascht. An manchen Tagen fährt nur eine Fähre.
Das Telefon klingelt. Es ist einer der Gastronomen. Wenn es drauf ankommt, ist er auch Bestatter. Ein Todesfall. Sargbestattung. Bei mir im Büro steht der Friedhofsordner: Ein Familiengrab ist vorhanden. Die Nachbarn haben sich bereiterklärt das Grab auszuheben und werden auch tragen. Und die Trauerfeier? Der Verstorbene war katholisch. Es gibt eine kleine katholische Kirche. Aber nur im Sommer sind wochenweise Priester auf der Insel.
Könnte die Trauerfeier auch in der evangelischen Kirche sein? tastet sich der Bestatter langsam vor.
Nicht lange nach dem Telefonat klingelt es. Die Witwe steht vor der Tür. Wir treffen uns zum Tee: Im Winter ist kein katholischer Geistlicher auf der Insel, deswegen soll es eine evangelische Trauerfeier in der evangelischen Kirche werden. Mit der zuständigen katholischen Gemeinde am Festland kommuniziere ich per Whatsapp, damit diese Bescheid weiß.
Muss nur noch die Musik geklärt werden: Unser Gemeinde ist klein, es gibt keinen Organisten. Auf der Insel gibt es ein christliches Gästehaus, das von einem methodistischen Pastor geleitet wird. Dieser ist sehr musikalisch und kann Orgel spielen. Eine weitere Whatsapp – er sagt gleich zu.
Und so nehmen wir miteinander Abschied: Die katholische Familie, die überwiegend evangelische Gemeinde, der methodistische Pastor an der Orgel, die evangelische Pastorin am Pult. Neben dem Sarg brennt die Osterkerze, welche wir jedes Jahr von der katholischen Gemeinde geschenkt bekommen. Nach der Trauerfeier tragen die Nachbarn den Sarg zur Kutsche. Mit Blumenkränzen geschmückt und von der Wintersonne beschienen, bringt die Kutsche den Verstorbenen zum Friedhof.
Auf unserer einst lutherischen Insel ist durch den Tourismus längst ein evangelisch-katholisch-methodistisch-freikirchliches Miteinander entstanden. Bei Beerdigungen, beim gemeinsamen (Kon-)Firmanden-Unterricht oder pragmatischen Gottesdienstlösungen in der winterlich-gästefreien Zeit, tut es gut zu wissen, dass wir uns alle gemeinsam als Christen verstehen und füreinander da sind.
Anna Henken
Kirchengemeinde Baltrum
Kirchebaltrum@gmx.de
Anna Henken
Kirchengemeinde Baltrum
Kirchebaltrum@gmx.de