© Marcelo Schneider/ÖRK

Die Ökumene und ich

Thu, 21 Jul 2022 10:02:17 +0000 von Katrin Hayn

Ökumene Vollversammlung ÖRK Karlsruhe
© Privat
Michael Steinmeyer
„Ökumene – evangelische und katholische Christenmenschen, evangelische und katholische Gemeinden begegnen einander, arbeiten zusammen, tauschen sich aus über Gemeinsamkeiten und Unterschiede im Glauben.“ In diesem Sinne lerne ich „Ökumene“ als Jugendlicher kennen. In diesem Sinne begegnet sie mir bis heute in meiner Arbeit als Gemeindepastor – etwa bei „ökumenischen“ Trauungen (bei denen übrigens immer öfter auf die Beteiligung eines katholischen Kollegen verzichtet wird) oder in Gestalt unseres katholischen Bürgermeisters, der ganz selbstverständlich von „unseren Pastoren“ spricht und damit meine Kollegin (und Ehefrau) und mich meint.

„Ökumene – die bewohnte Erde“. So lerne ich das Wort neu im Griechischkurs und beginne zu ahnen: Da ist doch mehr als „evangelisch und katholisch“.

„Das Schiff, das sich Ökumene nennt“. Durch Kommilitoninnen und Kommilitonen erfahre ich von den Impulsen, die von der ÖRK-Vollversammlung in Vancouver ausgehen: Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Schöpfung. Im selben Jahr, 1983, gründen wir die „Kirchlich-Ökumenische Geschwisterschaft in Niedersachsen“, die es bis heute gibt. Ob es um Arm und Reich geht, um Frieden, Krieg und Ab- oder Aufrüstung, um Atomkraft oder das Klima: Bis heute merke ich, dass ich an nichts davon denken kann, ohne an die drei Schlüsselbegriffe von Vancouver zu denken; an die Forderung nach einem „Friedenskonzil“; an den „Konziliaren Prozess“, der angestoßen wurde. Bis heute merke ich auch in ganz säkularen Dingen, dass ich politische, wirtschaftliche, technologische Entwicklungen nicht wahrnehmen kann, ohne sie darauf zu befragen, wie sie sich auf die Schöpfung auswirken, auf das Leben der Menschen in anderen Teilen der Erde.

„Ökumene – wir leben unter demselben Himmel.“ So hat es einer unserer zentralafrikanischen Partner gesagt, als die Partnerschaft zwischen unserem Kirchenkreis (Grafschaft Diepholz) und einer Ausbildungsstätte der Evangelisch-Lutherischen Kirche in der Zentralafrikanischen Republik (EELRCA) begründet wurde. „Gemeinsames Hören auf die Bibel und informiertes Beten füreinander“ – das haben wir uns in unserer Partnerschaftsvereinbarung zum Ziel gesetzt und erleben, wieviel Neues wir in diesem kleinen Stück innerlutherischer Ökumene entdecken können. Erleben auch, wie schwierig es in Zeiten von Bürgerkrieg, Corona und Finanzkrise ist, verlässlich in Kontakt zu bleiben.

„Ökumene – Lust und Last“. Mir ist es selbstverständlich geworden, dass „meine“ Gemeinde, „mein“ Kirchenkreis, „meine“ Landeskirche, „meine“ Konfession nicht alles ist, sondern ein Glied am weltweiten Leib Christi. Und dann spüre ich die Last: Weil dann eben doch so viele auch engagierte Gemeindeglieder nicht allzu weit über den eigenen Kirchturm hinausblicken mögen. Und weil „Ökumene“ auch schwierig sein kann: Schwierig der Umgang mit der bulgarischen Pfingstgemeinde, die unser Gemeindehaus für Gottesdienste nutzen will, deren Mitglieder aber unseren Bibelgarten als Müllkippe missbrauchen. Schwierig der Gedanke an Geschwister in Partnerkirchen, die eine homophobe Gesetzgebung ihres Staates unterstützen. Und so bewegt mich im Blick auf „Karlsruhe“ vor allem die Frage: Gelingt es der Crew auf dem Schiff „Ökumene“, einen guten gemeinsamen Kurs zu finden?

Michael Steinmeyer, Wagenfeld
Beauftragter für Mission, Ökumene und Partnerschaft im Kirchenkreis Grafschaft Diepholz
Michael.Steinmeyer@evlka.de
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